Gröna Bandet FKT - Rekordjagd am Polarkreis

Das skandinavische Gebirge durchzieht Schweden und Norwegen auf über 1300 km Länge und gilt als letzte echte Wildnis in Europa mit unberechenbarem Wetter, viel Wasser und schier unendlicher Weite und Einsamkeit. Glückseligkeit und Verzweiflung liegen hier für Abenteurer oft nahe beieinander. 
Für naturliebende Wanderer sind die Wanderwege der Rentiere und Elche ein Traum, den es in dieser Form nicht noch einmal gibt. Das unberechenbare Wetter kann jedoch im Sommer zwischen schwüler Mückenkatastrophe und einem frostigen Erwachen bei Schneefall variieren - innerhalb kürzester Zeit. Oft regnet es tagelang und lässt aus harmlosen und querbaren Bächen Flüsse erwachsen, die Abenteurer vor ernsthafte Probleme stellen. Denn Brücken sind selten und wer Off-Grid die Wildnis erlebt, muss unpopuläre Entscheidungen treffen. 
Trailrunner finden sich hier oben selten und wenn, dann kommen sie nicht um die gesamte Strecke am Stück zu laufen und dabei auf die Uhr zu schauen. Ingo, Initiator dieses Projekts und bei Joe Nimble im Marketing beschäftigt, wird Euch erzählen wie man auf die Idee kommt ausgerechnet hier Rekorde zu jagen.

Im Frühsommer 2024 war es beim Frühstück meine Frau Charlotte, die das Ding mit den Worten "Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich Dir davon erzählen soll..." ins Rollen brachte. Das sagte sie deshalb, weil sie genau weiß wie ich ticke und befürchtete, dass aus einer an sich harmlosen Idee etwas werden kann, was dann nicht mehr harmlos ist. So berichtete sie von einer Fernwanderroute im Skanden-Gebirge zwischen Schweden und Norwegen über mindestens 1200 km oder auch bis zu 1500 km, je nach Route.


Als Schwedenkennerin die in Lappland bereits in Sachen Backpacking unterwegs war und die Sprache der Eingeborenen spricht, ein Traumprojekt, welches aber mangels Zeit und am Stück kaum umsetzbar ist. Wer hat schon mindestens einen Monat - in der Regel aber eher zwei Monate Zeit für solche Abenteuer? 

Ein schwedisches Geschwisterpaar hatte die Idee vor vielen Jahren, eine grobe Route für Wanderfreaks anzubieten und jedem Teilnehmer eine Plakette mit Namen, Distanz und Zeit an die Bergstation in Grövelsjön zu nageln. Jedenfalls, wenn das Ziel erreicht wird. Dafür ist eine stattliche Meldegebühr zu entrichten und die Tour mit einem satellitenfähigen Messenger zu übertragen. Aus Kontroll- und Sicherheitsgründen ist dies notwendig und nicht unüblich.

Ein recht umfangreiches Regelwerk legt fest, was erlaubt ist, was nicht. Zelt und Bergstationen sind für Übernachtungen erlaubt, mehr nicht. Die Route muss selbst geplant werden, darf aber von einem definierten Korridor in den Bergen nicht abweichen. Die gesamte Strecke ist als Selbstversorger zu bewältigen. Hilfe von Dritten ist nicht zulässig.

Neben den Bergzügen ist es vor allem unendlich weit reichende Tundra, durchbrochen von Waldgebieten mit unberührter Natur. Zahllose Bäche und Flüsse durchziehen die Landschaft und schwellen bei Regen schnell an.

Das geht doch auch am Stück!

Der neue Plan der "Veranstalter" ist nun, die gesamte Strecke in drei Etappen zu teilen und es so Wanderern zu ermöglichen, die begehrte Trophäe zu erarbeiten. Vermutlich war dies auch der Gedanke meiner Frau. Da wir eh jeden  Sommerurlaub in Schweden verbringen, wäre es relativ simpel eine Woche für etwa 400-500 Kilometer einzuschieben. 

Ich ging mit dieser Idee also auf einen Trainingslauf und wie es so ist, kam ich mit einer neuen Idee zurück: ich laufe das Gröna Bandet als FKT am Stück und verbessere den aktuellen Rekord von 21 Tagen 7 Stunden 33 Minuten auf irgendetwas unterhalb von 21 Tagen, schwer genug. Die Begeisterung der Familie war überaus gering, mein Feuer aber brannte bereits lichterloh.

So etwas kann man alleine machen oder sich mit einem wirklich guten Freund auf die Reise machen. Bei einer sechswöchigen Solo-Expedition auf Island in den 90ern habe ich früh gelernt in Extremsituationen akute Probleme alleine zu lösen. Dieses neue Abenteuer aber ist fast zu schade um es alleine zu genießen und so hatte einige Wochen später Trailrunning-Ikone Lord Jens Kramer aus Südtirol eine geheimnisvolle Mail im Postfach. Kurz darauf hingen wir am Telefon und, man kann es nicht anders sagen, Jens brannte lichterloh vor Begeisterung. Wenige Tage darauf war der Rennplan 2025 bei uns beiden Geschichte und wir traten in die Planung für das Großprojekt Gröna Bandet FKT ein. 


Seitdem sind fast acht Monate vergangen, in denen wir ein Storybook für Material-Sponsoren bauten, die komplette Route akribisch mit mehreren Outdoor-Routenplanern und diversem Kartenmaterial planten und segmentierten. Materiallisten entstanden und wurden verworfen, neu angelegt und revidiert.  Mehrere Bücher wurden förmlich seziert und wichtige Details notiert. Der Aufwand ist gewaltig um möglichst wenig Fehler auszuschließen, die in der Praxis verhängnisvolle Auswirkungen haben können.
Unzählige Sponsorengespräche fanden statt um Material und zumindest einen Teil der Kosten abzudecken. Ein solches Projekt wird sehr schnell sehr kostspielig - auch wenn der Rucksack am Ende gar nicht so voll ist. Ultraleichtbau kostet viel Geld.  
Ingo Kruck (54) beim Multistage Ultra X Jordan in der jordanischen Wüste. Letztes Rennen (11/24): Kullamannen (UTMB) über 104K in Schweden.

Jens Kramer (45) beim Multistage Marathon des Sables in der marrokanischen Sahara. Letztes Rennen: Tor de Geants (9/24) über 330K in Italien.

Ingo Kruck (54) beim Multistage Ultra X Jordan in der jordanischen Wüste. Letztes Rennen (11/24): Kullamannen (UTMB) über 104K in Schweden.

Jens Kramer (45) beim Multistage Marathon des Sables in der marrokanischen Sahara. Letztes Rennen: Tor de Geants (9/24) über 330K in Italien.

Zwei Läufer und ein Coach 

Ein FKT-Projekt über eine derartige Distanz in der Wildnis ist auch für erfahrene Trailrunner eine monströse Herausforderung. So beschlossen wir im Training so professionell wie möglich vorzugehen und die Planung und Kontrolle in die Hände eines Profis zu legen. 


Susa Buckenlei ist seit Januar 2025 unser Coach und für uns ein absoluter Glücksgriff. Denn Susa ist nicht nur Dipl. Sportwissenschaftlerin und ehemalige Profi-Triathletin, sie trägt auch den überaus wertschätzenden Beinamen "Queen of Extreme" nach drei (!) Siegen in Serie beim Norsemen Extreme Triathlon in Norwegen. Versteht sich, dass es sich dabei nicht um einen "normalen" Triathlon handelt, sondern einen aus der Reihe "Ihr habt doch nicht alle Tassen im Schrank!"

Susa hat ebenso ein Faible für die Nordländer und harte Herausforderungen. So überlegte sie nicht lange und passt nun auf uns auf! Der schmale Grat zwischen Trainingsfortschritt und Übertraining ist schnell überschritten, Kontrolle ist wichtig.

Das Material - Entscheidungen mit Tragweite

Die Wahl der Laufschuhe fiel leicht. Jens ist seit Jahren sehr erfolgreich in Joe Nimble Laufschuhen unterwegs, während ich zum Jahresbeginn von einem Mitbewerber zur Marke wechselte und bereits im Vorfeld Erfahrungen im Trail Addict Pro-R sammelte. 

Aber ganz so einfach ist es doch nicht, denn der Laufschuh muss harsche Berg-Bedingungen aushalten, täglich Flussquerungen mitmachen, Morast und Sumpf aushalten und dabei laufbar bleiben. Aktuell sammeln wir Erfahrungen im neuen Modell und lassen kein Schlechtwetterszenario aus, um vorbereitet zu sein. Auf der Hälfte der Strecke werden wir unsere Schuhe gegen ein neues Paar im selbstgeschickten "Care-Paket" an einer Bergstation austauschen. Dies ist laut Regelwerk erlaubt, ebenso wie das "aufmunitionieren" mit neuer Trekking-Nahrung (Trek'n Eat), Laufsocken (Bauerfeind Sports) sowie Trockenbrennstoffen und Ersatzteilen.

Insbesondere die Flussquerungen sind ein kaum berechenbarer Faktor, der bei Regen die Situation dynamisch stark verändern kann. An dieser Stelle werden die Poles (Komperdell) zu einem wesentlichen Sicherheitselement. Steigen die Pegel zu stark an, werden unter Umständen lange Umwege zu besser beherrschbaren Stellen notwendig. 

Als Unterkunft ist ein Ultraleichtbau-Zelt (Marke noch in Arbeit) vorgesehen. Es ist jedoch erlaubt Bergstationen als Unterkunft zu nutzen, sofern welche auf der Route liegen und frei sind. Wer bereits bei schlechtem Wetter in der Wildnis unterwegs war, weiß welch ein Segen eine schlichte Hütte sein kann!

Material-Empfehlung: Trailrunning-Schuhe

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Auf den Spuren der Rentiere. Neben Rentieren sind es Elche, die vor allem die Fauna Lapplands prägen. Aber auch Wölfe, Bären oder Vielfraße sind in den bewaldeten Teilen Lapplands heimisch. 

Der aktuelle Stand 

Das Training findet getrennt statt, wobei es einige gemeinsame Trailläufe und den K65 des Innsbruck Alpine Trail Festival (IATF) auf halber Strecke für weitere Form- und Materialtests gibt. Ein Abschlusstraining über zwei Tage mit Tagesdistanzen von 70K und Übernachtung samt komplettem Gepäck sind für Mitte Juni geplant, etwa 6 Wochen vor dem Abflug nach Schweden. Die Anreise nimmt aufgrund der exponierten Lage satte 2 Tage in Anspruch und benötigt 3 Flüge und eine Busfahrt.